Texte | Die Magie der Schwarz-Weiss-Fotografie

Buchvernissage: «Bilder | Photographs 1972-2019» von Martin Linsi

Die Monografie «Bilder | Photographs 1972-2019» ist eine Werkschau von Martin Linsis beruflichen Anfängen bis heute. Auf 250 Seiten ist das eindrückliche Schaffen eines Fotografen dokumentiert, der sich mit Leidenschaft der Schwarz-Weiss-Fotografie verschrieben hat. Die Buchvernissage fand am Freitagabend im Museum Fram statt.

Wenn man bedenkt, wie unfassbar viele Bilder jede Sekunde weltweit im Internet publiziert werden, erscheint Martin Linsis neuster Fotoband wie aus der Zeit gefallen. Hat man das Buch einmal aufgeschlagen, zieht es einen in seinen Bann und lässt einen abtauchen in eine schwarz-weisse, scheinbar zeitlose, entschleunigte Welt. Das Buch hatte eine lange Entstehungsgeschichte, umso mehr freut sich der Fotograf, dass es nun endlich vorliegt.

Handwerk mit künstlerischer Handschrift

Die Präsentation des Bildbands am Wochenende wurde umrahmt von einer Ausstellung ausgewählter Fotos, die auch im Buch zu sehen sind. Die Schwarz-Weiss-Fotografie sei seine grösste Leidenschaft, sagt Martin Linsi. Das analoge Fotografieren ermöglicht ihm, die Bilder in seinem Atelier in Einsiedeln selbst zu entwickeln und zu erarbeiten. Fotografieren heisst für ihn nicht nur, im richtigen Moment auf den Auslöser zu klicken. Fotografie ist auch ein Handwerk, bei dem es im Labor auf den professionellen Umgang mit Material, Licht und Zeit ankommt. So entstehen nicht einfach Fotografien, sondern Bilder, welche die künstlerische Handschrift des Fotografen tragen. «Man erkennt in den Bildern, wie Martin Linsi selber ist: bescheiden, feinfühlig und zurückhaltend», formulierte es Hermann Betschart in seiner Eröffnungsrede. Der ehemalige Bezirksammann von Einsiedeln war es auch, der die Idee zu der Buchvernissage im Museum Fram hatte.

Auch Gastredner Michael Stähli, Regierungsrat und Präsident der kantonalen Kulturkommission, bezog sich auf die besonderen Eigenschaften des Fotografen Martin Linsi: «Er verfügt über besondere künstlerische Bedachtsamkeit: Nachdenken, beobachten, wahrnehmen, warten und für den richtigen Moment bereit sein.»

Ästhetische Momentaufnahmen und Zeitdokumente

Der Band «Bilder | Photographs 1972-2019» zeigt nicht nur ästhetische Momentaufnahmen, die Fotografien sind auch wertvolle Zeitdokumente, dank der Reduktion auf schwarz-weiss poetisch und unaufdringlich. Martin Linsi ist kein Voyeur, er beobachtet behutsam und drückt im richtigen Moment ab. Manchmal ist auch der falsche Moment der richtige, etwa dann, wenn eine Frau mit Kinderwagen und einem Kind an der Hand schwungvoll durchs Bild läuft, und es dadurch zu einem perfekten Schnappschuss macht.

Martin Linsis frühe Fotografien sind oft grobkörnig, wirken weich, fast verwaschen, was ihnen einen besonderen Reiz verleiht. «Ich konnte mir kein besseres Filmmaterial leisten damals, als Lernender», erklärt der Fotograf, der seine Ausbildung nach der Matura in London begann. Aber auch seinen neueren Werken fehlt jegliche Härte, Linsis achtsamer, zärtlicher, von Lachfalten umspielter Blick in die Welt manifestiert sich in seinen Kompositionen aus Objekten, Licht und Schatten.

What are you taking pictures for?

Auf die Frage, weshalb er Fotograf geworden sei, antwortete Martin Linsi früher: «Weil ich nichts anderes gekannt habe.» In einer englischen Fachzeitschrift stand einst die Frage: «What are you taking pictures for? – Wofür fotografierst du eigentlich?» Darauf gab und gibt es für Martin Linsi keine endgültige Antwort. Es kann das Engagement für ein konkretes Projekt sein. Es ist heute für ihn aber vor allem die Freude, etwas zu finden, das er mit Leidenschaft in Schwarz-Weiss umsetzen kann.

Die Ausstellung, die von den zauberhaften musikalischen Darbietungen der Freienbacher Harfenistin Alexandra Horat umrahmt wurde, dauerte nur kurz – Martin Linsis Bildband «Bilder | Photographs 1972-2019» hat Bestand. ͟

Monografie Martin Linsi «Bilder | Photographs 1972-2019». Erhältlich bei Martin Linsi oder im Buchhandel.

Erschienen am 19. Oktober 2021 im Einsiedler Anzeiger

Foto: ©Gina Graber